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Wir können auch anders!

Sie haben die „Reset“-Taste gedrückt, einen Neustart gewagt, sich in ein Abenteuer gestürzt: Drei Winzer erzählen, warum sie raus aus der Routine sind und diese Wende überfällig war.

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Genussgut Krispel

Im südöstlichen Teil der Steiermark, der mit seinen sanften Hügeln und Wäldern an die Toskana erinnert, treffe ich Stefan Krispel. Mit seinen 28 Jahren hat der bereits die zehnte Ernte eingeholt. „Ich bin mit 18 in den Betrieb eingestiegen, musste vom Start weg viel Verantwortung übernehmen. Vor drei Jahren habe ich den Betrieb schließlich übernommen.“ Mit Enthusiasmus, Ideenreichtum und dem Vorteil ausgestattet, keine Tradition bewahren zu müssen und damit jederzeit Neues ausprobieren zu können, produziert er am Fuße des Stradner Rosenberges regionaltypische Weine. Sie spiegeln die Eigenheiten des steirischen Vulkanlandes ganz wunderbar wider. Aber alles der Reihe nach.

Schwein gehabt

Vater Toni, ein gelernter Schlosser, kommt 1993 wie die Jungfrau zum Kind in den Besitz der Landwirtschaft, die damals auf Schweinezucht, Saatmais und gerade einmal 0,2 Hektar Wein setzt. Eigentlich hätte damals der ältere Bruder das Ruder übernehmen sollen. Der heiratet allerdings anderswo ein, bittet Toni, einzuspringen. Dieser erklärt sich bereit, landet aber buchstäblich im kalten Wasser: Ein Feuer zerstört das Haus, ein schwerer Hagel die gesamte Maisernte. „Da ging’s erst mal darum, der Familie finanziell das Überleben zu sichern“, erzählt Sohn Stefan. Toni Krispel zieht Konsequenzen: Er lässt den wirtschaftlich nicht mehr tragbaren Mais bleiben, baut den Schweinestall zum Buschenschank um und setzt fortan auf den Wein. Heute bewirtschaften die Krispels 24 Hektar und kaufen die Trauben von rund 35 weiteren Hektar zu, verarbeiten also Trauben aus knapp 60 Hektar Weinbaufläche. 26 Mitarbeiter helfen im Betrieb mit; sie kümmern sich auch um die Wollschweine, die neben dem Wein zum Markenzeichen des Genussgutes geworden sind, artgerecht gehalten werden und bis zu ihrem Ende ein gutes Leben führen dürfen.

Während Toni Krispel anfangs noch (auf) Roten setzt, ist der heute aus den Weingärten der Krispels fast völlig verschwunden. „Das Rotweinmachen liegt mir nicht. Bei mir fließt alle Energie in den Weißen“, schildert Stefan. Und er verrät auch, was sich der Vinophile ins Glas kippen muss, um von Krispel nie wieder loszukommen. „Ich empfehle als Einstieg unseren frischen Muskateller, der herrlich nach Holunder duftet. Wenn es gehaltvoller sein darf, dann den saftigen, fülligen Grauburgunder. Den bauen wir in drei bis vier Varianten aus, und das immer im Holzfass. Ich bin selber überrascht, wie gut der das verträgt.“ Holz kann jeder. Bei Krispel lagert der Wein auch im Stein! Über Jahre hinweg hat Stefan den Reifeprozess in Basaltsteintrögen beobachtet und zwei Erkenntnisse gewonnen: Der Stein gibt ein Aroma ab, das die Frucht auf eine ungewöhnliche Weise verstärkt. Und er reduziert die Gerbstoffe, macht den Wein runder. „Unser Wein, der lange auf der Maische liegt, dadurch langlebiger und komplexer wird, profitiert enorm davon!“ Wohl bekomm’s.

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Weingut Keringer

Mönchhof im Burgenland zählt zu den ältesten Weinbaugebieten Österreichs: Seit 800 Jahren wächst dort der Wein. Auch die Wurzeln der Keringers reichen tief in die Erde. „Wir haben immer nur bescheidene Mengen Wein produziert, den Anbau im Nebenerwerb geführt.“ Das erzählt mir Robert Keringer. Roberts Vater Willi ist Installateur und verspürt wenig Ambitionen, die Tradition zu brechen. Anders der Sohn: Der will den Fokus auf den Weinbau legen – auch wenn ihm und seiner Frau Marietta eine steife Brise entgegenbläst, man von der Idee wenig hält. Robert Keringer bringt jedenfalls gute Voraussetzungen mit: Er ist Absolvent der Weinbauschule in Klosterneuburg und seit Ende der 1990er Leiter des Weinberatungslabors in Gols. Jetzt will er’s (also) selber wissen. Robert und Marietta gehen auf Nummer sicher, investieren peu à peu – meint: immer nur das, was bereits verdient wurde und am Konto liegt.

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Hart im Nehmen

„Wir mussten die Marke aufbauen, den Namen bekannt machen. Also haben wir Winzermärkte und Straßenfeste besucht, etwa 70 bis 80 pro Jahr. Oft habe ich Marietta bei einer Veranstaltung abgeladen, bin weitergefahren zur nächsten. Mitten in der Nacht hab ich sie dann abgeholt und wir sind retour ins Burgenland.“ Das sei – und ja, man kann sich das gut vorstellen – sehr anstrengend gewesen. Kunden habe man so allerdings viele erreicht. Die beiden gewinnen nicht nur Kunden, sondern mit ihren Weinen auch Dutzende Preise: 2001 kommt der erste Keringer auf den Markt, 2004 wird man schon Salonsieger. 3 Mal Salonsieger, 6-facher Landessieger, vielfacher AWC-Sortensieger, 2017 dann mit 16 Goldmedaillen Gesamtsieger bei der Austrian Wine Challenge: Die Keringers haben nach den Mühen der Ebene den Gipfel erreicht. Einfacher geworden ist es damit freilich nicht. „Wir arbeiten wirklich hart, und das zumeist an sieben Tagen die Woche“, erzählt Robert, der seiner Frau Rosen streut: „Ohne Marietta hätte ich das nie geschafft, sie war von Anfang an meine wichtigste Stütze.“ Das Burgenland ist gemeinhin für den Roten bekannt. Also landet der auch bei Keringer primär in der Flasche. Die Burgenländer selbst tun sich mit dem Rotwein allerdings schwer, die trinken bevorzugt Weißen. „Als wir begonnen haben, war der Weißweinanteil höher als der vom Roten. Explodiert ist der Absatz aber erst, als wir das Verhältnis umgedreht haben. Heute produzieren wir 80 Prozent Rotwein.“ Die wichtigste Sorte ist der Zweigelt. Ein besonderes Tropferl ist Keringers 100-Tage- Zweigelt. Die Ziffer beschreibt die Anzahl der Tage, die der Wein auf der Maische liegt. Normalerweise tut er das nur rund zehn Tage lang. Dass das viel Fülle und Würze in den Wein bringt, ist nachvollziehbar. Der gehaltvollste Trunk der Keringers ist freilich der „Massiv“, der außerdem im neuen Holz landet.

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Weingut Frischengruber

Wein machen die Frischengrubers, zuhause in Rührsdorf bei Rossatz-Arnsdorf (das liegt in der Wachau!), schon lange. Dass Georg es genauso halten will, wusste er früh. Schon in der Volksschulzeitung lässt er verlautbaren, später einmal die Weinbauschule in Klosterneuburg zu besuchen und zum Zwecke der Praxis Südafrika zu beehren. Genau so ist es auch gekommen – dazu kamen Aufenthalte in der Pfalz und in Neuseeland. 2011 geht es für den heute 30-Jährigen ans Eingemachte: Georgs erster Wein landet unterm Stoppel, alles andere stellt er auf den Kopf. „Wir waren über Generationen ein reiner Buschenschankbetrieb, haben unseren Wein, den es nur in kleiner Menge gab, ausschließlich ab Hof verkauft. Das Publikum war entsprechend überschaubar: Getrunken wurde der Wein bis Linz, recht viel weiter ist er nicht gekommen.“ Als Frischengruber 2013 den Federspiel-Cup von Falstaff gewinnt, klopfen die ersten Weinhändler an seine Tür. Heute ist der Wein der Wachauer in ganz Österreich bekannt, beliebt und seit einigen Monaten auch bei INTERSPAR erhältlich. „Anne Thysell, die Leiterin der SPAR-Weinabteilung, hatte schon vor Jahren großes Interesse. Ich war damals einfach noch nicht so weit, hatte keine Erfahrung und ein wenig Bammel vorm Konzern.“ Anne bleibt jedenfalls standhaft, lässt immer wieder von sich hören. Schlussendlich fasst sich Georg aber ein Herz, präsentiert gut gewappnet seine Vorstellungen und staunt nicht schlecht: „Das lief extrem fair ab, so etwas erlebt man selten.“

Alles hat seine Grenzen

Georg Frischengruber bewirtschaftet heute eine Fläche von zehn Hektar. Viel mehr ist in der Wachau, wo alles seine natürlichen Grenzen hat, nicht mehr möglich. Als Mitgliedsbetrieb der Vinea Wachau dürfen die Trauben auch nicht von anderen Weinanbaugebieten zugekauft werden. Wunderbare Blüten treiben hier vor allem der Veltliner und der Riesling, die sich am Lössboden und dem kargen Urgestein sichtlich wohlfühlen. Während vom Veltliner maximal 10.800 Kilo pro Hektar geerntet werden dürfen (was zumeist auch gelingt), sieht die Sache beim Riesling anders aus: „Wenn man den Riesling als ‚Smaragd’ ausbaut, ihn also später erntet, bleibt kaum etwas am Stock hängen. Eine Schere brauchst du dann nicht mehr: Die Trauben fallen dir entgegen, so eingetrocknet sind sie.“ Die im Vergleich geringe Ausbeute erklärt auch den Unterschied im Preis. Ein besonders feiner, weil fülliger und saftiger Trunk ist Frischengrubers Riesling „Meine Welt“. Auf die Welt kommt der – und das ist untypisch – im kleinen Holzfass, wird dort spontan vergoren. Ein gutes Wort legt Georg auch für seinen Veltliner Federspiel ein. „Der kommt sehr gut an, ist unser Klassiker. Von dem kann man ein paar Glaserln trinken.“

Von Mag. Angi Huber (Journalistin und Fotografin in Salzburg)

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