Muss man die Welt retten, oder sieht Erich Scheiblhofer die Sache so entspannt wie Donald Trump? Der hält den Klimawandel ja für ein Märchen.
ERICH SCHEIBLHOFER: Wer den Klimawandel leugnet, glaubt auch noch ans Christkind. In unserer Branche ist der ja augenfällig: Früher haben wir mit der Ernte Mitte/Ende September begonnen, inzwischen stehen wir schon im August am Feld.
2015 haben die Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen die sogenannte Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung verabschiedet. Das ist ein globaler Aktionsplan, mit dem die UNO Hunger und Armut, Klimawandel und Ressourcenverbrauch bewältigen will. Wie sieht denn euer Plan aus? Welche ökonomischen, sozialen und/oder ökologischen Leistungen können die Scheiblhofers in ihre Auslage stellen?
ERICH SCHEIBLHOFER: Unsere größte Leidenschaft ist das Bauen. „Der Papa war schon schlimm, aber der Bua ist noch ärger!“, sagt die Mama immer. Eine moderne Gebäudetechnik, bauliche Sanierungen, Isolierungen, Wärmepumpen statt fossiler Brennstoffe: Wir bauen nicht, weil wir die Steine gerne rollen sehen, sondern weil die Nachhaltigkeit für uns ein wichtiges Thema ist. Seit 2012 besitzen wir eine riesige Photovoltaikanlage. Sie hat eine Leistung von 269 kWp, was einem Jahresertrag von 255.000 Kilowattstunden entspricht. Damit könnten wir ca. 70 Haushalte versorgen! Pro Jahr sparen wir so 50.506 Kilogramm CO2 ein. Wir könnten damit auch über eine Million Kilometer in unseren Elektroautos herumflitzen. Davon haben wir bislang zwei. Ich möchte aber unseren gesamten Pkw-Fuhrpark umstellen. Stolz bin ich auch auf den Andauer Windpark mit seinen über 100 Windrädern. Das ist zwar nicht ausschließlich meine Leistung, aber gelebte Nachhaltigkeit!
Und was verdient draußen im Weingarten den Titel „nachhaltige Bewirtschaftung“?
ERICH SCHEIBLHOFER: Früher hat man sich alle zehn bis 14 Tage auf den Traktor gesetzt, ist eine prophylaktische Spritzung gefahren. Heute gehen wir nur dann gegen Infektionen vor, wenn es wirklich notwendig ist. Ob es das ist, zeigen die Messwerte unserer vielen Wetterstationen: Wie viel Niederschlag gab’s, wie lange waren die Blätter nass, wie hoch ist die Temperatur? Für jede Infektion gibt’s Parameter. Wenn die zusammenfallen, kann’s gefährlich werden. Wenn nicht, schlafe ich beruhigt weiter und lasse den Traktor in der Halle stehen. Pflanzenschutz ist ja immer präventiv, kurativ ist da wenig möglich. Auf Glyphosat haben wir ebenfalls freiwillig verzichtet, Unkraut wird bei uns mechanisch bekämpft.
Viele kleine Schritte von einzelnen Gutwilligen können das Fieber nicht senken. Da braucht’s auch politische Rahmensetzungen mit ökologischer Hebelwirkung. Was denkst du: Womit können wir am schnellsten am meisten erreichen?
ERICH SCHEIBLHOFER: Indem wir Hürden abbauen. Als wir 2012 unsere ersten Photovoltaikzellen aufs Dach geschnallt haben, war das wie bei der Mondlandung! Die Politik, die Bauwirtschaft und die Behörden waren darauf nicht vorbereitet. Das war ein sehr steiniger Weg. Man glaubt gar nicht, was sich baupolizeilich für Probleme auftun, was man sich alles genehmigen lassen muss! Da haben schon viele Kollegen das Handtuch geworfen.
Der Konsument ist kein Partner, auf den man sich immer verlassen kann. Sobald Produkte durch höhere Umwelt- oder Sozialstandards teurer werden, weil die Weltverbesserung eben manchmal Geld kostet, wandern Verbraucher gerne mal zum billigeren Anbieter ab.
ERICH SCHEIBLHOFER: Anfang der 80er haben meine Eltern die ersten Bouteillen auf den Markt gebracht, also die 0,75-Liter-Flaschen. Der Konsument, der damalige, hat gesagt: Warum soll ich eine Flasche Wein, in der weniger als die Hälfte ist, teurer kaufen als die Volksmagnum – also den Doppler? Diese Rechnung gilt ja noch immer. Eine 1+1-Aktion um 2,90 Euro wird es immer geben. Und den 5-Liter- Flacon aus dem Ausland um wenig Geld auch. Was esse ich? Was trinke ich? Der Konsument ist zum Glück viel sensibler geworden …
Brauchen Unternehmen noch mehr kritische Verbraucher, die ihnen die Leviten lesen, wenn sie sich ökologisch und sozial nicht korrekt verhalten?
ERICH SCHEIBLHOFER: Ja, unbedingt. Ein kritischer Konsument, der mir aufzeigt, wo ich mich verbessern kann und muss, ist mir der liebste.
Ihr seid eines der größten Weingüter im Burgenland. Hat man da auch eine Vorbildfunktion?
ERICH SCHEIBLHOFER: Natürlich. Es geht nicht nur um das Produkt selbst – also den Wein. Auch die soziale und ökologische Kompetenz eines Unternehmens müssen eine wichtige Rolle spielen. Unser Weingut steht jedem offen, wir zeigen das gerne her. Jeder kann sich davon überzeugen, dass bei uns Wein gemacht wird, wie sich das gehört: nämlich ehrlich und nachhaltig. Das ist wichtiger als jedes Marketing-Tool.