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Hürden, Glück & Zeitenwende

Unterschiedliche Vorgeschichten, idente Herausforderungen, differente Meinungen - 6 Winzerinnen im Gespräch

 

(Salzburg, 15. September 2022) „Frag ja nicht, ob Frauen andere Weine machen als Männer.“ Birgit Eichinger ist es leid, immer wieder darauf zu antworten. Sie will als Frau in der Weinbranche nichts Besonderes mehr sein. Früher sei die Situation eine andere gewesen – keine Frage –, die Arbeit schwer, Winzerinnen exotisch. Inzwischen habe sich vieles verbessert. Schwer wurde es auch ihr gemacht: Der Vater nimmt es Birgit übel, keinen Winzer geheiratet zu haben, ihm schwant Ungemach. Der Betrieb wird daher der Schwester übergeben, während Birgit aus einem Teil der elterlichen Weinbaufläche ein neues Weingut aufbauen muss. Ein paar Hektar Land, kein einziger Kunde: ein herausfordernder Start! „Die Mama war immer meine Inspiration, mein großes Vorbild. Sie hat mir gezeigt, was alles möglich ist“, schiebt Tochter Gloria nach, die die One-Woman-Show von Birgit vor einigen Jahren personell aufgestockt hat. Bei Jacqueline Klein, die sich als „leidenschaftliche Arbeiterin“ beschreibt, war die Wiesn zwar auch nicht gmahd. So viel Gegenwind bläst der Burgenländerin aber nicht ins Gesicht, als sie aus dem gemischten Betrieb ihrer Eltern, in dem sie schon als Kind gerne mithilft, ein Weingut macht. „Großeltern, Eltern, meine Schwester: Alle stehen bei uns dahinter. Dafür bin ich so dankbar!“ Ein wahnsinniges Glück hat nach eigener Aussage Johanna Markowitsch. Sie darf einen Betrieb übernehmen, den der Vater aufgebaut hat, der durchstrukturiert ist. Gezwungen, mitzuarbeiten, wird Johanna nie, gefragt, ob sie zu Hause mitmachen will, erst vor ein paar Jahren. „Damals hatte ich keine Ahnung, wie man ein Weingut in einer solchen Größe leitet“, gesteht die junge Winzerin. Mittlerweile sieht das mit der Ahnung deutlich besser aus.

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Bei Karoline Taferner hielt sich die Begeisterung für den elterlichen Betrieb im kleinen Göttlesbrunn lange in Grenzen: Ihr stand der Sinn nach der großen weiten Welt. In die hat sie sich auch aufgemacht. „Wenn du weit weg bist von zu Hause, wächst die Sehnsucht nach dem Daheim, da kommt dann das Vielleicht.“ Noch in diesem Jahr übernimmt die Göttlesbrunnerin den Familienbetrieb. Und, ja: Karoline ist sich sicher. So wie Eva Steininger. Vater Karl sieht seine Felle davonschwimmen, als nach Eva und Anna eine Lisa aus dem Weingut der Steiningers ein Dreimäderlhaus macht. Dass sich alle drei dem Weinbau verschreiben, hätte sich der Gute wohl nicht gedacht. Es sei, meint Eva, schon immer so gewesen, dass in den Weinbaubetrieben neben einem starken Mann eine starke Frau gestanden sei. Wahrgenommen habe man sie bloß kaum. Das hat sich mittlerweile geändert. „Mir ist wichtig, dass mein Mann und ich gleichgestellt sind, wir teilen dieselbe Leidenschaft.“

  

Preisfrage

Auch wenn die Geschichten variieren, die Hürden unterschiedlich hoch lagen: In der Gegenwart haben sich die sechs mit denselben Ärgernissen herumzuschlagen. Flaschen, Drehverschlüsse, Kartons oder der Transport: Alles ist teurer geworden, die Lieferzeiten sind ein Drama und manches ist gar nicht mehr erhältlich. Nachdem nicht absehbar ist, wohin Pandemie und Krieg noch führen, ist auch die Planung schwierig. Genauso wie die Beantwortung der Frage, inwieweit man erhöhte Kosten an die nicht minder gebeutelten Kunden weiterreichen kann. 3 Euro? 300 Euro? 3.000? Wie viel darf ein Wein überhaupt kosten? „Das ist eine urschwierige Frage, darüber debattieren wir oft“, erzählt Johanna. Der Wein dürfe zuallererst einmal das kosten, was man ihm selber an Wert zumesse. Ob die Qualitätsunterschiede zwischen günstig und sehr teuer denn immer erkennbar seien? Wohl eher nicht, sind sich die Damen einig. Was die Weinpreise in die Höhe schießen lasse, sei die begrenzte Menge der Weine mit hoher Reputation (vor allem dann, wenn sie ein hohes Alter erreicht haben) und viel Brimborium drumrum. „Es gibt Prestigetrinker. Die schauen sich die Weinkarte an und nehmen immer den teuersten – im Glauben, dass es auch der Beste ist“, schickt Karoline nach. Preise sind schließlich Signale, die etwas versprechen. Einen offenkundigen Unterschied zu früher erleben die Winzerinnen unter freiem Himmel: Es wird immer wärmer. Zeitgleich häufen sich Spätfröste und Hagel. Der Lesezeitpunkt rückt weiter nach vorn, ist oft schon Ende August. Dadurch verändert sich auch der Geschmack des Weins. „Dem Grünen Veltliner tut so viel Hitze nicht gut, dem fehlt das würzige Pfefferl. Südseitig kannst du den nicht mehr entblättern“, erklärt Birgit. 

  

  

Eva sieht’s entspannt: Die Paradesorte der Niederösterreicher sei vielschichtig, außerdem komme sie besser mit den sich verändernden Bedingungen klar als ein Riesling oder der Muskateller. In Österreich verändert sich nicht nur das Klima: Es gibt auch immer weniger Betriebe. Während in Langenlois vor 20 Jahren noch 200 Winzer Wein abgefüllt haben, sind es heute nur noch rund 40. Eine Entwicklung, die man auch im Carnuntum sieht: „Wir haben bis vor drei Jahren 45 Hektar gesetzt. Inzwischen haben wir weitere 30 gepachtet. Die Bauern wollen nicht mehr.“ Einerseits läge das, so Johanna Markowitsch, an der bearbeitungsintensiven Bewirtschaftungsform. Andererseits hätte keiner mehr Lust auf „klein“. Und um groß zu werden, brauche es immense Aufbauarbeit.

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Eine Frage des Geschmacks

Die Frage, ob man den Boden im Wein erkennt, also: schmeckt, ob der auf Muschelkalk wächst oder auf Schiefer, kann Gemüter erhitzen. „So ein Blödsinn“, sagen die einen, „ja, logisch!“, erklären mir andere. „Der Riesling Heiligenstein ist unverwechselbar, der schmeckt ganz anders als der Gaisberg, der 100 Meter daneben ist“, berichtet Birgit. Was Johanna unterstreicht: Der Rosenberg, den man bei Markowitsch seit 35 Jahren keltert und der auf Schotter mit Urmeersedimenten und Sand wächst, sei „komplett anders“ als der Rote auf Ton. Keine gravierenden Unterschiede erkennt Jacqueline. Was aber an der Topografie von Andau liegt: „Bei uns ist es extrem flach, da gibt’s vorwiegend Schotter und schwarze Erde.“ Was sie neulich auch jenem Herren erklären musste, der die Lagen des Klein’schen Weinguts vorgeführt bekommen wollte. „Okay, sag ich, wo sollen wir jetzt hin? Bei uns gibt’s nur eine.“ Schmeckt in Andau deswegen alles gleich? 

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 Natürlich nicht. Die Individualität kommt über die Handschrift der Winzerin bei der Herstellung in den Wein. Bevor ich mich wieder auf den Heimweg mache, hätte ich gern erfahren, was die Winzerinnen persönlich vorangebracht hat. Gloria erzählt von Neuseeland, dem vielen Regen, davon, wie sie ständig klatschnass geworden sei, der großen Verantwortung. „Ich war damals 20, auf einem 400 Hektar großen Betrieb, das erste Mal von zu Hause weg. Körperlich war das irrsinnig anstrengend! Wenn du dann nach Hause kommst, denkst du dir, dass du alles schaffen kannst.“

 

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