Irish Whiskey: Das Gold der grünen Insel
Irischer Whiskey regierte einst die Spirituosenwelt – und er tut es aktuell wieder mit unglaublichen Beliebtheits- und Wachstumsraten. Denn die sanften Abfüllungen von der Insel treffen den Zeitgeist.
Irischer Whiskey regierte einst die Spirituosenwelt – und er tut es aktuell wieder mit unglaublichen Beliebtheits- und Wachstumsraten. Denn die sanften Abfüllungen von der Insel treffen den Zeitgeist.
Eine irische Whiskeyreise beginnt man am besten im Südosten, im County Cork, ganz genau in Midleton. Der Legende nach soll in dieser Stadt der Irish Whiskey erfunden worden sein. Drei Stockwerke hoch ragt dort das Herzstück der Jameson-Brennerei in die Höhe. Das alte Gebäude erzählt die Geschichte des irischen Whiskeys. Denn vor 1890 dominierten die Abfüllungen von der „Grünen Insel“ den Weltmarkt klar. 88 lizenzierte Brennereien in Irland lieferten vor allem ins Britische Weltreich und die USA zwölf Millionen „cases“ zu je neun Liter. Doch durch die irischen Unabhängigkeitskämpfe, die US-Prohibition und die beiden Weltkriege versank die irische Whiskey-Produktion ab dem 20. Jahrhundert für fast 70 Jahre in Bedeutungslosigkeit. Nur ein Zusammenschluss der verbliebenen Marken verhinderte 1966 das gänzliche Aus für den Whiskey mit dem e.
Irish Whiskey, wie wir ihn heute kennen, wurde vor allem von zwei Brennereien geprägt: Bushmills in Nordirland und Midleton. Die beiden haben sich früh einem dreifach destillierten, weichen Brand aus Malt und Grain verschrieben. Dieser zugängliche, leicht zu trinkende Stil wurde zum Synonym für alle Whiskeys aus Irland. Steht auf dem Flaschenetikett „Irish Whiskey“, dann ist darunter automatisch ein Blend aus gelagerten Destillaten aus gemälzter Gerste und ungemälztem Getreide zu verstehen.
Die neue Popularität hat zudem mit dem experimentierfreudigen, offenen Umgang mit Whiskey zu tun. Während traditionsbewusste Schott:innen und ihre kontinentalen „Jünger“ selbst die Zugabe von einem Tröpfchen Wasser als Sakrileg geißelten, gewannen Mischgetränke wie Highballs mit Ginger Ale dem irischen Whiskey ab 2000 neue junge Fans. Blends zum Partymachen – das war etwas anderes als die strengen Regeln der Single-Malt-Welt. Zudem gefiel auch der Irish-Geschmack den neuen Freund:innen, selbst wenn man auf Sodawasser, Cola oder Ginger Ale als „Filler“ verzichtete.
Auf der grünen Insel unterscheidet man vier verschiedene Whiskey-Sorten:
1. Irish Grain Whiskey
Beim Irish Grain Whiskey dürfen gemäß Vorschrift nicht mehr als 30% gemälzte Gerste verwendet werden. Den Großteil machen daher ungemälzte Getreide aus, vor allem Mais, Weizen oder Gerste. Das Brennen in der Kolonne, also die kontinuierliche Destillation, ist verpflichtend.
2. Irish Malt Whiskey
Bei diesem Stil sind ausschließlich gemälzte Getreide zulässig. Irish Malt muss auch verpflichtend in einer Pot Still, einer speziellen Kupferbrennblase, destilliert werden. In der Regel – wenn auch nicht verpflichtend vorgeschrieben – geschieht das dreifach.
3. Irish Pot Still Whiskey
Irish Pot ist ein typisch irischer Stil, bei dem die gemälzte Gerste mindestens 30% der Maische ausmachen muss und zudem nicht getorft werden darf. Dazu kommen mindestens 30% ungemälzte Gerste. Die weiteren (ungemälzten) Getreide, historisch Hafer oder Roggen, dürfen maximal 5% ausmachen. Destilliert wird ausschließlich in Pot Stills.
4. Irish Blended Whiskey
Zwei oder mehrere der oben genannten Kategorien werden vermengt. In der Regel sind das leichtere Grain Whiskeys mit irischen Single Malts. Blended Whiskey entspricht rund 85% der Gesamtproduktion Irlands.
Eine richtige oder falsche Schreibweise gibt es bei Whisk(e)y nicht. Vielmehr ist sie ein Erkennungsmerkmal für das Herkunftsland: Irischen Whiskey und viele amerikanische Sorten schreibt man mit e, Scotch Whisky ohne. Die Schreibweise Whiskey/Whisky weist außerdem darauf hin, welches Getreide für die Spirituose verwendet wurde.
Fix mit auf dem Etikett ist das e übrigens erst seit dem späten 19. Jahrhundert, da wurde es zur irischen Trademark. „E is for Excellency“, ließ etwa John Power als Hersteller inserieren.
Heute ist man stolz auf das E wie Eire – der gälische Name der Grünen Insel.
Im Windschatten der steigenden Nachfrage etablierte sich in den letzten Jahren eine ganze Reihe von neuen Destillerien als kräftiges Lebenszeichen der einst so stolzen Whiskey-Nation. Glendalough in den Wicklow Mountains ist einer dieser Newcomer, gegründet 2011 von einer Gruppe von Freunden mit dem Ziel, das Erbe der handwerklichen Whiskey-Brennerei wiederzubeleben. Die Namensgebung der Brennerei Glendalough verortet die neue Brennerei tief in der irischen Nationalgeschichte: St. Kevin von Glendalough soll das gleichnamige Kloster im 6. Jahrhundert gegründet haben. Der bis heute erhaltene 30 Meter hohe Rundturm zählt neben Upper und Lower Lake zu den Attraktionen im größten Nationalpark der „Emerald Isle“. St. Kevin haben sich die Gründer zum Vorbild genommen, ihre Jobs aufgegeben und abseits des Trubels in den Bergen etwas Neues gewagt. Deshalb ziert St. Kevin jedes Etikett der Glendalough-Destillate. Abseits ihrer Blends wagen die Brenner in den Wicklow Mountains auch Neues mit einem Single Malt, der in der japanischen Wassereiche („Mizunara“) reift.
Typisch für Irland ist auch der Pot Still Whiskey, der seinen Ursprung – wie könnte es anders sein – im Protest gegen die Engländer hat. Im 19. Jahrhundert begann London, gemälzte Gerste höher zu besteuern, die unerlässlich für die Whiskey-Erzeugung ist. Die pragmatische Reaktion der Iren? Sie verwendeten einfach weniger davon. Ungemälzte Gerste und andere Getreidesorten, vor allem Hafer, ergaben so eine Mischung, die sich im 19. Jahrhundert durchsetzte.
Heute sieht die Vorschrift für Pot Still Whiskey einen Mindestanteil von 30% gemälzter und 30% ungemälzter Gerste vor. Mittlerweile wird dieser Stil als original irische Errungenschaft sogar international wieder geschätzt, wobei die wahren Fans ihrem Pot Still auch davor immer die Treue hielten. Berühmt wurden etwa die Bestellungen von Nobelpreisträger Samuel Beckett, der sich seinen Lieblings-Whiskey nach Paris senden ließ. Das war der Green Spot, der heute in Midleton entsteht, genauso wie der ebenfalls wiedergeborene Redbreast als beliebtester Irish Pot Still Whiskey. Dass man beide im Gourmetmekka Südirlands, dem pittoresken Küstenort Kinsale, findet, überrascht da nicht. Denn man ist wieder stolz auf die lokale Produktion. Was nicht zuletzt das Herrengedeck im Braupub Monk Bar in Cork beweist. Zum Stout, einem tiefschwarzen obergärigen Bier von Mastermind Shane Long, wird ein Caskmates von Platzhirsch Jameson serviert. Wie alle Whiskeys dieser Serie reift er in Bierfässern, konkret in solchen, die zuvor das Stout von Franciscan Well beinhalteten.
Die Erweiterung des Destillatgeschmacks um unkonventionelle Fassnoten gehört aktuell zu den beliebtesten Experimenten. Der Writers’ Tears Double Oak ist dafür ein weiteres Beispiel. Hier kommen zum Ex-Bourbon-Barrel auch französische Eichenfässer, die zuvor Cognac beinhalteten. Doch es gibt noch andere Möglichkeiten, sich neben den Blends zu etablieren, die für die irische Whiskey-Renaissance gesorgt haben. Ein Geheimtipp für alle Freunde des rauchigen Stils stellt dabei Connemara Peated aus der Cooley-Destillerie dar. Denn auch in Irland wurde in früheren Jahrhunderten Torfrauch verwendet, um das Malz zu darren. Daran schließt man im County Louth an. Nach dem Besuch der imposanten Klosterruine Old Mellifont Abbey empfehlen wir damit allen Irland-Reisenden den Genuss der raren Schönheit des „rauchigen Iren“ aus der Cooley-Destillerie.
Mit der Cooley-Destillerie begann in Irland die Ära der unabhängigen Whiskey-Brennereien. Aktuell zählt man 35, Tendenz weiter steigend. Eine davon ist Kilbeggan im County Westmeath, die an sich älteste lizenzierte Whiskey-Destille in Irland. Doch auch hier dauerte es bis 2007, bis der Brennbetrieb wieder aufgenommen wurde. Heute bringt Kilbeggan intensiveren Geschmack durch eine Zweifachdestillation in die Blends und unterscheidet sich damit von den landestypischen „triple distilled“ Whiskeys. Der Besuch in der Brennerei mit dem schmucken Wasserrad zeigt, wie früher destilliert wurde. Die mittlerweile knapp 200 Jahre alte Pot Still ist die älteste noch in Verwendung stehende Brennblase dieses Typs. Das Gründungsjahr der Distillery und das Museum, das dort eingerichtet wurde, sollen aber nicht täuschen. Denn Irish Whiskey – vom Blend bis zum Single Pot Still – ist lebendig wie nie.
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