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Im Interview mit Werner Michlits...

...haben wir über seine Philosophie und seinen Zugang zur biodynamischen Arbeitsweise gesprochen.

 

(Aktualisiert/ Salzburg, 01.07.2020) Welche Arbeiten stehen jetzt im Juni auf dem Hof und in den Weingärten gerade an?

WERNER MICHLITS:
Wir sind mitten in der Grünarbeit – die wachsenden Triebe müssen versorgt und angebunden werden, so dass sie nicht vom Wind abgebrochen werden. Dann warten wir gespannt auf die Blüte. Es ist einer der sensibelsten Zeitpunkte im ganzen Jahr, der einen maßgeblichen Einfluss auf die Ernte hat. Ist die Blüte perfekt, sind mehr Samenkörner in der Beere, und die Reife ist wiederum besser. Man sieht hier auch wieder, wie in der Natur alles eng miteinander zusammenhängt und verwoben ist.

Auf euren Etiketten prangt eine Kuh. Wie beeinflusst euch eure Rinderherde beim Weinmachen?

WERNER MICHLITS:
Die Kuh ist das Symbol für Fruchtbarkeit schlechthin. Durch ihre ausgeprägte Verdauungstätigkeit meditiert sie ganz viel Lebendigkeit und Gedanken in den daraus resultierenden Mist hinein. Wir können damit einen hochqualitativen natürlichen Dünger erzeugen, der den Humusgehalt in den Böden aufbaut. Für unsere Weingärten haben wir damit eine eigene Düngerquelle am Hof und sind von betriebsfremden, synthetischen Eingriffen unabhängig. Darüber hinaus sind unsere Kühe der tierische Impuls, der dem Hofleben und der ganzen Stimmung einen liebevollen Rahmen gibt

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Was steht bei eurem Zugang zu Biodynamie im Mittelpunkt?

WERNER MICHLITS: Die Ganzheitlichkeit. Vom geschlossenen Hofkreislauf bis hin zur Gründung einer Waldorfschule, damit auch die nächste Generation mit einem tiefen Grundverständnis über Naturzusammenhänge und voller Willenskraft und Tatendrang unsere Umwelt gestaltet.

Was bedeutet diese Ganzheitlichkeit in Bezug auf den Weinbau?

WERNER MICHLITS: Für den Bereich des Weinbaus sind es die eigenen Hefen aus dem Weingarten in der Vergärung, der biologische Säureausbau aus sich selbst heraus, die Reben im Beziehungsfeld zwischen Himmel und Erde – zwischen den kosmischen und irdischen Einwirkungen. All diese einzigartigen Eindrücke erzählen uns die Weine auf subtile Art und Weise. Die Biodynamie ist vergleichbar mit einem Spinnennetz, das aus unzählig vielen dünnen Fäden gesponnen ist. In der Gesamtheit ist es ein funktionierendes Kunstwerk. Jeder einzelne Eckpunkt oder Aspekt ist mit dem anderen verwoben und in Verbindung, die Natureinflüsse hängen alle zusammen und beeinflussen einander. In so ein Schöpfungsverständnis tiefer einzutauchen ist eine großartige Bereicherung.

Aus Weinplantagen sollen Weingärten werden. Ihr habt dafür zum Beispiel richtige Ökoinseln geschaffen. Was wollt ihr in naher Zukunft in euren Weingärten verändern, was sind die nächsten Schritte auf eurem Weg?

WERNER MICHLITS: Wir bringen damit ganz viel Biodiversität in die Monokulturen, wie wir sie aus den letzten Jahrzehnten kennen. Wir wollen noch mehr darauf achten, welche Pflanzengemeinschaften sich gegenseitig im Ökosystem positiv beeinflussen. So wie wir Menschen kommunizieren und reden, so machen das auch die Pflanzen durch ihren Hormonhaushalt, durch Phytohormone, Duftstoffe und Wurzelausscheidungen. Sie locken Insekten damit an, reagieren auf Wachstumsbedingungen und stärken sich in der Gruppe. Das alles weiter auszubauen und den Weingarten zu einem Ökosystem zu machen ist eine große Aufgabe, ein Lebensprojekt.

Biodynamische Landwirtschaft

 

Die biodynamische, auch biologisch-dynamische Landwirtschaft genannt, stellt eine spezielle Form der ökologischen Landwirtschaft dar. Im Mittelpunkt steht die Wertschätzung der Erde und des Lebens an sich. Besonderes Augenmerk wird auf den Boden, die Biodiversität, das Wohl der Tiere und eine geschlossene Kreislaufwirtschaft gelegt.


Geschichte der Biodynamie

Die biodynamische Landwirtschaft geht auf die geisteswissenschaftlichen Forschungen von Rudolf Steiner zurück: Aufgrund der stark zunehmenden industriellen Landwirtschaft und dem vermehrten Einsatz von Stickstoffdünger in den 1920er Jahren, löste sich Besorgnis bei Steiner aus. Heute sind seine Ideen die Basis der drei Prinzipien der biologisch-dynamischen Landwirtschaft.

 

Die drei biodynamischen Prinzipien

Im Fokus der Biodynamie steht die Verbesserung der Bodenqualität: Ein harmonisches Gleichgewicht soll geschaffen werden, um die ideale Grundlage für Pflanzen und deren Umgebung sicherzustellen.

 

1. Geschlossener Hofkreislauf

Die biodynamische Landwirtschaft verfolgt das Ziel, so selbstständig und unabhängig wie möglich zu produzieren. Konkret bedeutet dies:

 

 - Alles, was in der Landwirtschaft gebraucht wird, stammt vom eigenen Hof.

 - Eine vielfältige Pflanzenwelt garantiert eine ausgewogene Ernährung der Tiere.

 - Der Kompost der Tiere dient anschließend der Düngung.

 

Der Mensch trägt dabei die Verantwortung, ein ausgewogenes Gleichgewicht zwischen Pflanzen, Tieren und Boden sicherzustellen.

 

2. Biodynamische Präparate

Bei der Produktion wird vollständig auf Pestizide, Biozide oder künstliche Dünger verzichtet. Stattdessen finden natürliche Mittel Verwendung: Biodynamische Präparate, die eine Art Heilmittel für die Erde darstellen, sollen die Pflanzenqualität sowie die Tiergesundheit fördern.

 

Zur Herstellung werden pflanzliche, mineralische sowie tierische Substanzen kombiniert. Anschließend werden sie der Natur wieder zurückgeführt. Diese Präparate sind für eine biodynamische Landwirtschaft erforderlich.

 

 - Kompostpräparate

Kompostpräparate bestehen aus Gülle, Mist oder Pflanzenkompost (Heilpflanzen wie Brennnessel, Kamille, Schafgarbe, Löwenzahn oder Baldrian). Der in ein Kuhhorn eingefüllte und in den Boden gelegte Dünger regt die Bodenaktivität an. Das Horn bleibt ein halbes Jahr (über die Wintermonate) im Erdboden.

 

 - Spritzpräparate

Die Kompostpräparate werden rhythmisch mit Wasser verrührt und auf den Feldern verteilt. Meist wird dieses Präparat mit der Hand verbreitet, um Begeisterung und Enthusiasmus gegenüber der Landwirtschaft auszudrücken.

 

3.Kosmische Rhythmen

Die Einwirkung der Sonne spielt ebenfalls eine tragende Rolle: Licht, Wärme, der Mond und andere Planeten haben einen besonderen Einfluss auf die Ernte. Die Gestaltung der Fruchtfolge oder die Haltung der Tiere wird mit den verschiedenen Jahreszeiten koordiniert. Auch die Präparate werden zu bestimmten Zeiten des Jahreszyklus eingesetzt, um die Lebenskraft des Bodens und der Pflanzen zu stärken. Mit Erfolg: Die Bodenentwicklung und Qualität der Erzeugnisse sind unverkennbar.

 

Biodynamische Produkte

Biologisch-dynamische Produkte sind mit einem Demeter Logo versehen. Für biodynamische Lebensmittel gelten zusätzliche Anforderungen als für Bio-Lebensmittel. Milch darf beispielsweise nicht homogenisiert werden. Zusätzlich sind weniger Zusatzstoffe gestattet. Da in Europa biodynamische Produkte auch den Standards der ökologischen Landwirtschaft entsprechen, sind diese gleichzeitig mit dem EU-Bio-Siegel versehen.

 

Biodynamischer Weinbau

Vor allem Winzer setzen vermehrt auf den biologisch-dynamischen Weinbau, nachdem sich diverse positive Effekte herauskristallisiert haben: Die Pflanzen sind robuster und weniger anfällig für Krankheiten, während die Reben ertragreicher und der Boden gesünder ist. Das Ergebnis: naturnaher, hochwertiger Wein. Nachdem ein höherer Aufwand seitens des Winzers von bis zu 30 % besteht, liegt der Preis von biodynamischen Wein etwas höher.

Wer Wein aus biodynamischem Anbau probieren möchte, findet in der INTERSPAR weinwelt aktuell eine Auswahl von 52 Biodynamischen Weinen von neun Winzern (Stand April 2019)

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