Was versteht man unter Raw Wine?
Dazu muss man wissen: Die Weinerzeugung ist längst zu einer kleinen Wissenschaft geworden. Jede:r Winzer:in hat eine ganz eigene Philosophie und schwört auf andere Methoden, Zusätze, Säuren, Aromen, Gärzeiten und Co., um klassischen Rotwein noch aromatischer, Weißweine noch spritziger und Roséweine noch erfrischender machen. Fast scheint es, als gäbe es mindestens so viele Hilfsmittel wie Weinsorten.
Raw Wine bzw. Naturwein ist da etwas anders: naturtrüb, ungezähmt, mit Ecken und Kanten. Denn hier werden möglichst wenig Hilfsmittel verwendet und weitgehend auf möglichst alles verzichtet, was die Trauben nicht selbst mitbringen. Offizielle Definition oder Qualitätsmerkmale für Naturweine gibt es zwar noch nicht, dennoch orientieren sich die meisten Winzer:innen an einigen grundlegenden Richtlinien:
- die Trauben müssen aus Bioweinbau oder biodynamischem Weinbau kommen
- die Lese muss von Hand erfolgen
- für die Gärung ist nur natürliche Hefe erlaubt, Umkehrosmose, Reinzuchthefe oder Schönungsmittel sind Tabu
- so wenig Schwefel wie möglich, teilweise wird komplett darauf verzichtet
- keine Filterung, die Weine bleiben naturtrüb
Sind die Trauben gelesen, bekommen sie im Weinkeller die Zeit, die sie brauchen, um sich zu einem aromatischen Naturwein zu entwickeln. Und das in ihrem ganz eigenen Tempo – denn auch im Keller greifen die Winzer:innen möglichst wenig in den Gärprozess ein.
Für Kenner:innen von traditionell hergestellten Weinsorten ist der naturbelassene Geschmack im ersten Moment noch gewöhnungsbedürftig. Denn diese sind oft weniger fruchtig, dafür roher und leicht erdig. Beschreiben könnte man den Geschmack von Raw Wine als wilder und unerwartet – natürlicher eben.