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Schöner geht’s nicht

Eine Reise durch Niederösterreich

(Von Stephan Burianek / Salzburg, März 2022)

Die niederösterreichischen Weinbaugebiete sind Heimat einer abwechslungsreichen Weinkultur und sie laden ein zum Radeln, Wandern, Genießen und Erforschen.

  

  

Wer schon einmal durch die Wachau spaziert oder geradelt ist, etwa von Weißenkirchen zur mittelalterlichen Wehrkirche St. Michael und dann vielleicht weiter nach Spitz, der wird diese einzigartige Kulturlandschaft entlang der Donau mit ihren alten Häusern und den Terrassenweingärten wohl zu dem Schönsten zählen, was es auf dieser Welt gibt. Vergleichsweise wenige Menschen zieht es allerdings auf die rechte Seite des Donauufers, die ebenfalls hübsche Dörfer und interessante Weingüter zu bieten hat. Wie zum Beispiel das Weingut Josef Fischer in Rossatz.

 

Dort sitzen wir im Verkostungsraum und schauen durch die bodentiefen Fenster auf die Ruine von Dürnstein und auf den berühmten blauen Kirchturm auf der anderen Uferseite. Die Donau sehen wir nicht, sie wird von einem Auwald verdeckt. Dafür fallen uns neben dem angrenzenden Weingarten große, runde Wasserbehälter auf. „Dort züchtet mein Vater Huchen“, erklärt Josef Fischer jun., während er uns seinen druckvollen Flaggschiff-Riesling Smaragd Ried Kirnberg einschenkt, „aber nicht, um die vom Aussterben bedrohten Speisefische zu verkaufen, sondern um sie ab einer gewissen Größe ehrenamtlich in der Donau auszusetzen.“ Ein Huchen ist es auch, der auf den Etiketten des Weinguts für den Wiedererkennungseffekt sorgt. Der Riesling in meinem Glas ist geprägt von dem kargen Urgesteinsboden der Riede Kirnberg mit enormer Mineralität. In der Nase zeigt er die besondere Aromaausprägung der Wachauer Rieslinge – reife Pfirsichnoten und ein kühler Duft.

  

Weiter Kulturraum

Obwohl die Grenzen weinrechtlich enger gefasst sind, versteht man unter der Wachau allgemein das Gebiet entlang der Donau zwischen dem Stift Melk und dem Stift Göttweig bei Krems. Geht es nach Michael Moosbrugger, dem Geschäftsführer des Kamptaler Weinguts Schloss Gobelsburg, dann sollte man den Wachau-Begriff generell hinterfragen: „Mit ‚Wachau‘ war ursprünglich eine ‚waache‘ – ‚weiche‘ – Au, also eine breite Aulandschaft, gemeint. Das heißt, es war nicht das enge Wachau-Tal gemeint, sondern das vergleichsweise offene Gebiet um die Stadt Krems.“ Unabhängig davon macht es allein schon wegen der räumlichen Nähe und der zahlreichen Sehenswürdigkeiten Sinn, im Rahmen einer Weinreise auch die angrenzenden Weinbaugebiete Kremstal, Kamptal und Traisental zu besuchen.

Gewölbe_500x600.jpg Marillenbäume in schönster Frühlingsblüte unterhalb von Stift Göttweig, nahe Krems

  

  

Wie auch im Weinbaugebiet Wachau dominieren in den genannten Gebieten der Grüne Veltliner und der Riesling, wobei als Faustregel gilt: Den Riesling findet man auf den oberen Lagen, den Grünen Veltliner auf den unteren. Der Riesling mag es nämlich trocken und steht daher bevorzugt in den kargen und durchlüfteten Gneis-Böden der höher gelegenen Weinbergterrassen, während der weniger kapriziöse Grüne Veltliner häufig auf den fruchtbaren Lehm- und Lössböden in den tieferen Lagen anzutreffen ist. Ausnahmen bestätigen freilich die Regel, beispielsweise tanzt der Riesling Ried Rosengarten des Weinguts Dockner sowohl geografisch als auch stilistisch auffällig aus der Reihe. Die Reben für diesen kräftigen, reifen Wein wachsen auf einem Lössboden in Ufernähe, was sonst eher für den Grünen Veltliner üblich ist. Die Gewächse von Josef Dockner (Sohn) und Sepp Dockner (Vater) weisen generell eine opulent-fruchtige Charakteristik auf. Vor Ort schmecken sie am besten in einem der beiden Heurigen der Dockners, etwa auf der Weingartenterrasse neben der Sektmanufaktur an der Riede Kremser Frauengrund.

  

Stimmungsvolle Gewölbe

Über den Weingärten im südlichen Kremstal thront mit dem Benediktinerstift Göttweig eine Sehenswürdigkeit, die wohl jeder neue Besucher der Region automatisch ansteuert. Auf der anderen Seite der Donau, in Langenlois, müsste man die Hauptattraktion erst suchen, wäre sie nicht perfekt ausgeschildert: Seit bald zwanzig Jahren steht dort ein eckiger, silberner Kubus auf einem Weinberg, der den Eingang zur Loisium Weinwelt markiert. Dort macht es Spaß, durch die stimmungsvoll beleuchteten, mit kreativen Installationen veredelten Gewölbe zu schlendern. Auch ein traditionelles Winzerhaus mit musealer Einrichtung ist Teil der Tour.

Tradition, Moderne und Mystik des Weinguts: Die LOISIUM WeinWelt in Langenlois zeigt das ganze Spektrum des Rebenschatzes. Tradition, Moderne und Mystik des Weinguts: Die LOISIUM WeinWelt in Langenlois zeigt das ganze Spektrum des Rebenschatzes.

  

  

Einer der drei Loisium-Keller gehört Karl Steininger, der häufig persönlich im Verkostungsraum seines schmucken Weinguts anzutreffen ist. Bekannt ist Steininger vor allem für seine Sekte, die ihre zweite Gärung nicht nur in einer eigenen, eleganten Flaschenform erleben, sondern denen außerdem eine ungewöhnliche Philosophie zugrunde liegt: Steininger bringt ausgereifte Stillweine zum Prickeln, wodurch die Sekte kräftiger und fruchtbetonter werden als allgemein üblich.

  

Rekordverdächtige Dichte

In Langenlois sollte man sich Zeit lassen, denn die Dichte an Weltklasse-Winzern ist rekordverdächtig – und an Weltklasse-Winzerinnen freilich auch: Als Birgit Eichinger in den 1990er-Jahren als 23-Jährige ihr Weingut gründete, wurde sie von vielen belächelt. Eine Frau könne diese schwere Arbeit doch gar nicht machen, hieß es damals. Das war Ansporn genug, und schon bald wurden ausländische Händler auf die motivierte Jungwinzerin aufmerksam. Mittlerweile hat sich Tochter Gloria als Kellergehilfin in Stellung gebracht, Frauen sind im Weinbau heute völlig normal. „Mir geht es bei meinen Weinen um die Konzentration auf das Wesentliche“, sagt Birgit Eichinger bei unserem Besuch, und wir verstehen bald, was sie damit meint: Ihre Weine sind kraftvoll und schmecken aufgrund ihrer klaren, tiefgängigen Struktur trotzdem nicht allzu breit. Ihr Grüner Veltliner von der kalkhaltigen, lehmig-sandigen Ried Lamm ist von höchster Eleganz und außerdem ein Beispiel dafür, dass Eichinger die jeweilige Lage geschmacklich erlebbar macht.

 

Weil das wohl bekannteste Weingut im Kamptal für Laufkundschaft nicht offensteht, weichen wir abends auf ein besonderes Restaurant aus: Im Heurigenhof Bründlmayer wird großartig mit lokalen Zutaten gekocht, die auf die Gewächse der Familie Bründlmayer abgestimmt sind (Mittwoch bis Sonntag geöffnet). Der internationale Aufstieg des Weinguts Bründlmayer begann übrigens mit einem Chardonnay, der in den 1980-Jahren bei der wichtigsten italienischen Weinmesse zum „besten Chardonnay der Welt“ gekürt wurde. Bis heute verweist der Bründlmayer-Chardonnay auf die hohe Qualität, die neben dem Grünen Veltliner und dem Riesling auch andere Sorten in dieser Region erreichen.

 

Trotzdem sucht man die Herkunftsbezeichnung „Kamptal“ auf den Etiketten des Bründlmayer-Chardonnays vergeblich. Für das Kamptal wurden nämlich, ebenso wie im Kremstal und im Traisental, ausschließlich der Riesling und der Grüne Veltliner als „gebietstypische“ DAC-Sorten definiert. In der Wachau hält man die Sortenvielfalt indes noch offiziell in Ehren: Für die Gebietsweine werden insgesamt 17 Rebsorten akzeptiert, und in die Ortsweine (Trauben, die innerhalb einer Gemeinde gewachsen sind) dürfen immerhin noch neun Rebsorten hinein. Nur die Riedenweine (Lagenweine) sind auf Riesling und Grüner Veltliner beschränkt, wenn sie die DAC-Herkunft „Wachau“ auf dem Etikett zeigen wollen. Das alles mag ein wenig kompliziert klingen, aber Fakt ist: Schlechte Weine findet man in der gesamten Region (fast) keine mehr.

  

Geheimtipp Traisental

Hinter den letzten Ausläufern des Dunkelsteiner Walds liegt, von Krems und Langenlois aus gesehen, ein Gebiet, das man nach wie vor als Geheimtipp bezeichnen kann. Während sich die Weine von Kamp- und Kremstal eher hinsichtlich ihrer einzelnen Lagen unterscheiden als aufgrund ihrer Gebietsgrenzen, punktet das vergleichsweise kleine Traisental mit einer eigenständigen, äußerst mineralischen Charakteristik. Das liegt an dem Konglomerat aus alpinem Kalkgestein und roten Dolomitkalk, mit dem alle Traisentaler Lagen gesegnet sind. 

Kalkboeden_500x600.jpg Mineralische Kalkböden kennzeichnen die Riese Weißes Kreuz

  

  

 „Meine Weine sind puristisch, aber nicht asketisch“ sagt Markus Huber in seinem modernen Verkostungsraum in Reichersdorf, Teil der Gemeinde Nußdorf ob der Traisen bei Traismauer. Diese Selbstbeschreibung erinnert uns an jene von Birgit Eichingers „Konzentration auf das Wesentliche“, und tatsächlich offenbart sich im Glas eine ähnliche Weinphilosophie. Schon seine „Nussdorfer“ Einstiegsweine weisen eine klare, fruchtbetonte Stilistik mit einem gut ausbalancierten Säurespiel auf, und vor allem in seinem Nussdorfer Riesling tritt bereits jene Mineralik zutage, die in den Lagenweinen, wie seinem Grüner Veltliner Ried Alte Sätzen, den Huber lange auf der Hefe liegen und anschließend zur Hälfte in Akazienfässer lagern hat lassen, zur Vollendung gelangt.

Rotgipfler_500x600.jpg Rotgipfler und Zierfandler sind Spezialitäten des Weinbaugebiets Thermenregion, wo auch das Freigut Thallern des Stiftes Heiligenkreuz zu finden ist

  

Ebenfalls eine Reise wert

Natürlich ist das Gebiet um die Stadt Krems nicht die einzige niederösterreichische Weinregion, die man persönlich kennen sollte. Auch im Weinviertel, am Wagram und in Carnuntum finden Besucher wunderschöne Ecken. Etwas ganz Besonderes ist freilich die häufig als „österreichisches Burgund“ bezeichnete Thermenregion: Entlang einer Hügelkette reifen vom südlichen Stadtrand von Wien bis Bad Vöslau, mit dem Anninger als höchsten Berg, außergewöhnliche Weine heran. Auf Lehmböden im Norden des Gebiets sind zwei weiße Rebsorten, die nur in der Thermenregion wachsen, die unangefochtenen Stars: Rotgipfler und Zierfandler. Und der Süden, wo schotterreiche Muschelkalkböden dominieren, ist für rote Rebsorten, insbesondere für St. Laurent und Pinot Noir bekannt. Ein herausragendes Familienweingut, das gelegentlich die Pforten zu einem eigenen Heurigen öffnet, ist das Familienweingut von Florian und Claudia Alphart in Traiskirchen. Ihre vielfach preisgekrönten Weine bestechen durch ihren individuellen Charakter. In touristischer Hinsicht bieten sich mehrere Thermalbäder an, immerhin sollen bereits die alten Römer die heißen Quellen der Region geschätzt haben. Aber das ist eine andere Geschichte.

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