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Raw Wine: Zurück zum Ursprung

Große Liebe oder strikte Ablehnung – Raw Wines polarisieren. Das Interesse und die Aufmerksamkeit, die man ihnen schenkt, sind dennoch beachtlich und ihr unkonventioneller Stil hat sich als fixe Nische etabliert. Zeit also, um mit Mythen aufzuräumen. Denn Raw Wines sind gekommen, um zu bleiben.

Was versteht man unter Raw Wine?

Raw Wine ist auch als Naturwein, Natural Wine oder Artisanal Wine bekannt. Man versteht darunter Wein, der so natürlich wie möglich hergestellt wird. Offizielle Definition gibt es noch keine, in der Raw Wine-Szene gibt es aber einige Grundregeln, an die sich Winzer:innen halten.

  • Trauben aus organisch-biologischem oder biodynamischem Weinbau
  • Low Intervention-Prinzip im Keller – es wird so wenig wie möglich in den natürlichen Prozess eingegriffen
  • Verzicht auf Umkehrosmose, Reinzuchthefe oder Schönungsmittel
  • kein Filtern der Weine, sie bleiben naturtrüb
  • so wenig Schwefel wie möglich, teilweise wird komplett darauf verzichtet

Ein weiterer wichtiger Faktor beim Entstehen von Raw Wine ist das Zeitlassen. Ruhe und Entspannung im Keller sind für den südsteirischen Winzer Matthias Schnabl aus Sernau bei Gamlitz essenziell. Denn Weine möglichst schnell verkauf- und trinkbar zu machen, ist nicht seine Sache. Der Wein bekommt jene Zeit, die er für seine Entstehung und Entwicklung braucht. Schnabls Betrieb ist seit 2020 Demeter-zertifiziert und was er keltert, ist Wohltuendes abseits der Klassik: Schnabl arbeitet naturverbunden und unaufgeregt, dennoch sind seine Weine voller Finesse.

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Woher kommt der Trend zu Raw Wine?

Der Trend zum Wein, der mit so wenig Einflussnahme wie möglich hergestellt wird, begann in Österreich vor gut 15 Jahren. Die sogenannte Naturweinbewegung hat aber eine viel länger zurückreichende Tradition, vor allem in Georgien, Norditalien, Slowenien und Kroatien. Ihre jüngere Geschichte wurde in Frankreich und dort in den Gebieten Loire, Jura und Roussillon angestoßen. Der Grund: eine Gegeninitiative zur modernen Weinkellerrevolution, die ihren Ursprung in den 1970er-Jahren hat. Mit der weitgehenden Technisierung des Weinmachens kamen immer mehr “gemachte”, uniforme Weine auf den Markt. Raw Wine bringt Wein zurück zu seinem Ursprung.

In Österreich folgten vor allem Biobetriebe der Naturweinphilosophie. Als die ersten Naturweine auf den Markt kamen, war die Aufregung groß. Sie seien „fehlerhaft“ oder „untrinkbar“, waren noch die freundlicheren Kommentare.

Fairerweise muss man einräumen, dass diese ersten Kritiker:innen nicht ganz Unrecht hatten. Denn es gab und gibt schwarze Schafe, die Naturwein abfüllen, der keiner ist und Eigenschaften wie flüchtige Säure, Weinfehler wie Mäuselton oder hohe Oxidation als “Eigenheit” des Weins anpreisen. Verständlich, dass manche Weinkenner:innen Raw Wine daher vorsichtig begegnen. Mit der Zeit hat sich Raw Wine aber enorm zum Positiven verändert und so mancher gewinnt mittlerweile auch Auszeichnungen.

Was ist das Besondere an Raw Wine?

Raw Wine schmeckt ganz anders, als es die meisten Weinliebhaber:innen erwarten. Gewohnt sind wir Weine, die frisch, saftig und klar wirken und schmecken. Raw Wine ist da etwas anders: naturtrüb, ungezähmt, mit Ecken und Kanten. Für Kenner:innen von traditionell hergestellten Weinsorten ist das erst einmal gewöhnungsbedürftig. Jüngere Weintrinker:innen hingegen finden oft leichter zu Raw Wein, weil sie noch nicht so stark an den “klassischen” Stil gewöhnt sind.

Die Philosophie hinter Raw Wine: Reduktion auf das Wesentliche

Die Suche nach mehr Eigenständigkeit veranlasste einige der besten heimischen Produzenten, sich dem Raw-Wines-Thema zu widmen. Fred Loimer, Winzer aus Langenlois im Kamptal, ist Mitglied bei respekt-BIODYN und setzt schon gut 15 Jahre auf die Bewirtschaftung nach den Lehren von Rudolf Steiner. Nicht nur im Weingarten, auch im Keller zieht sich dieser Stil durch. Wichtig ist ihm die Reduktion auf das Wesentliche. Und der ursprüngliche Ausdruck der Herkunft. Die kühlen Nächte und heißen Tage im Gebiet prägen die anregende Frucht und die Frische der Kamptaler Weine. Im Sinne des Raw-Wine-Gedankens hat Loimer eine kleine, feine Weinserie mit dem Namen „Gluegglich“ als Weißwein, Roséwein und Rotwein aufgelegt – ohne Jahrgang und jeweils als Cuvée verschiedener Rebsorten. Ganz so, wie es früher üblich war.

Dabei ist der Name Programm – Glück verschmilzt mit dem aus Frankreich stammenden Begriff „glouglou“, der dort für Trinkfreude steht. Schon lange setzt sich auch Werner Michlits vom Demeter-Weingut Meinklang mit dem Thema Raw Wine auseinander. Die Biodynamie samt funktionierendem Hofkreislauf ist für ihn das Fundament für alles. Was ihn daneben fasziniert: der Ausbau im Betonei. Michlits sagt, seine Weine bekämen dadurch eine besondere Strahlkraft. Der pure Beton unterstützt die Reifung mit einer optimalen Menge an Sauerstoff. Der Goldene Schnitt, den die Form des Eies darstellt, erlaubt eine harmonische Zirkulation während dieser Zeit. Er nennt diese Weine „Konkret“, angelehnt an das englische „concrete“ für Beton. Wer es unkompliziert und fröhlich mag, ist bei der Meinklang-Serie „Mulatschak“ in Weiß und Rot genau richtig.

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Ist Orange Wine Naturwein?

Nicht selten werden die Begriffe Orange Wine und „Raw Wine“ bzw. „Naturwein” in einen Topf geworfen. Dabei handelt es sich um zwei komplett unterschiedliche Dinge. Orange Wines entstehen aus Weißweintrauben im Rotweinverfahren hergestellt. Das bedeutet, dass Beeren, teilweise mit Stielen und Stängeln, auf der Maische vergären. Der Begriff beschreibt also schlicht die Produktionsmethode und die Farbe, die die Weine dadurch annehmen. Ob das Lesegut aus biologischer Produktion stammt oder konventionell erzeugt wurde, spielt hier keine Rolle. Raw Wine hingegen entspricht im Vergleich dazu der Natürlichkeit vom Weingarten bis in die Flasche.

Der Begriff „Orange Wine“ darf übrigens laut Gesetz auf dem Etikett angegeben werden und erklärt somit dem Kunden, was ihn erwartet. Biobetriebe dürfen das mit dem Zusatz „Natural Wine“ ergänzen. Am Demeter-Weingut Zahel in Wien entsteht beides: strukturierte, zupackende Orange Wines mit dem Namen An Amphora, in der 320-Liter-Tonamphore ausgebaut, und auch Raw Wines, wie die herrliche SerieEin wildes Gläschen. Das Wichtigste für Winzer Alexander Zahel ist und bleibt aber der Weingarten als Grundstock für großartige Qualität. Er setzt auf regenerativen Weinbau und dabei vor allem auf den Bodenaufbau. Denn nur mit gesunder Erde können gesunde Trauben gedeihen. Wenn nun auch Sie neugierig auf die unerwarteten Noten von Raw Wine geworden sind, schauen Sie doch in der INTERSPAR weinwelt vorbei. Dort finden Sie feine Naturweine zum Probieren, außerdem zahlreiche andere Spirituosen wie Whisk(e)y, Gin oder verschiedene Brände. Viel Freude beim Gustieren!

 

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